Ich besitze seit 2017 einen privaten Instagram Account, habe dort aber noch nie etwas gepostet. Angelegt habe ich ihn aus einem Grund: Eisklettern bzw. den Zugriff auf aktuelle Fotos von Eisfällen, um besser einschätzen zu können in welchem Zustand diese sind und Tourenbedingungen daraus abzuleiten.
Mit Beginn meiner Vollzeit-Selbständigkeit habe ich mich dann der Herausforderung gestellt, einen professionellen Instagram Account anzulegen und seit fünf Wochen kreiere ich Content. Was für eine Reise. Anders als auf LinkedIn steht das Bild im Vordergrund und Text ist kaum vorhanden. Eine ganz andere Sprache und auch ein anderes Zielpublikum. Grafiken erstellen fällt mir leicht und macht mir viel Freude. Die Ideen sind nahezu unendlich. Schnell wird mir aber klar, ich muss mich zusätzlich mit der Produktion von Reels befassen. Auf einmal bekommen Begriffe wie “Hook” oder “Call to action” eine Bedeutung. Und ich fange an nach “Likes” “zu geiern”. Kaum habe ich etwas hochgeladen, kann ich es kaum erwarten Reaktionen zu sehen. Wer hat diesen “Like-Button” eigentlich erfunden?
Nach anfänglicher Euphorie, bin ich gestresst. Gestresst von all den bunten Bildern, gestresst von all den “Call to action” Reels die mich anspringen, sobald ich Instagram öffne und die mir riesige Followerzahlen versprechen, wenn ich diese oder jene Strategie verfolge und natürlich das kostenpflichtige Angebot XYZ buche. Und ich merke, dass schnell 1-2 Stunden vorbeiziehen in denen ich nur durch Instagram gescrollt habe. Ich fühle ich mich trotzdem müde und erschöpft.
Zeitgleich zu diesen Erfahrungen kommt das Gründungstreffen des Social Media Club Allgäus. Ich gehe motiviert hin und hoffe, auf strategische Tipps zur Content-Erstellung sowie nützliche Tricks und Tools. Der Abend hat jedoch einen ganz anderen Schwerpunk: Influencer. Eine Influencerin erzählt von Tipps & Tricks des Influencer-Business und mindestens die Hälfte des Publikums betreibt das gleiche Business. Endlich verstehe ich dieses Business und gleichzeitig fühle ich tief in mir drin, dass das nicht meins ist. Ich gehe sehr nachdenklich nach Hause.
Am nächsten Tag starte ich meinen Tag mit Social Media. Nach vier Stunden bin ich müde und erschöpft und ziemlich frustriert. Und habe nichts von dem erledigt, was ich eigentlich dringend erledigen müsste. Ich bin rastlos und müde zugleich und ziehe meine Laufschuhe an und gehe raus. Es ist zäh und die Erschöpfung zeigt sich auch hier. Trotzdem kann sich mein Geist langsam etwas entspannen. Ich merke wie die Gedanken sich beruhigen und quäle mich zwar immer noch beim laufen, fühle mich aber gleichzeitig viel besser. Und da kommt der Gedanke: Nein, dass mache ich nicht, ich kann und will meinen Instagram Account nicht so füllen wie “alle mir sagen”. Ich kann nur das machen, was mir gefällt und ich authentisch vertreten kann.
Ich merke, wie sich die Ruhe immer mehr in mir ausbreitet. Und da kommt die nächste Idee: 60 Sekunden Natur als Reel-Format. Ich teste ein paar 60 Sekunden Videoaufnahmen auf meiner gewohnten Laufstrecke und es gefällt mir. Ich komme an einem Tümpel vorbei und mache ein “60s-Video”. Auf einmal fällt mir auf, wieviele Kaulquappen da eigentlich drin sind und dass sie langsam als Schwarm durch den Tümpel ziehen. Ich weiss nicht, wie oft ich hier schon vorbeigelaufen bin, aber noch nie bemerkt habe wieviel Kaulquappen darin sind. Und überhaupt noch nie gesehen habe, dass Kaulquappen solche Schwärme bilden. Dank Instagram-Content ist mir das nun aufgefallen 😉 und meine “lesson learned” ist einfach mal 60 Sekunden Innehalten und der Natur zuschauen und zuhören tut mir nicht nur gut, sondern öffnet mir neue Blickrichtungen und lässt mich Neues entdecken!
Am Abend beschließe ich meine Social media Strategie: Die erste Stunde des Tages gehört mir – ohne Handy und offline. Anschließend kurz Social media checken, dann aber die Erste (Arbeits)Tageshälfte das erledigen was wirklich ansteht. Und dann ist es auch OK wenn ich beim Content produzieren etwas die Zeit verliere. Und ich produziere nur, was mich wirklich bewegt.
Ein paar Tage später telefoniere ich mit einer Teilnehmerin meines letzten Workshops. Sie hat sich auf Social Media Content spezialisiert und gibt mir ein paar wertvolle Tipps:
– Authentischer Content ist wichtig;
– Es ist normal, dass die Followerzahl eines Accounts langsam zunimmt;
– Die Anzahl der Follower sagt überhaupt nichts über die potentiellen Kund:innen aus
Und zum Schluss noch der Ratschlag “Probier dich aus, hab Spass und sieh was passiert.” Wir werden uns im Herbst sehen und gemeinsam an der weiteren Strategie feilen 😉 Bis dahin werde ich ausprobieren, Spass haben, mir Feedback holen und sehen wo es hinführt. Und ich bin total neugierig auf diese Reise 😉