Blauer Schmetterling fliegt

Wichtige Informationen zum Ausstieg aus dem Beamtenverhältnis in Bayern

Eine Entscheidung mit großer Tragweite treffe ich am liebsten gut informiert. Weil es gar nicht so einfach ist, an alle relevanten Informationen zu kommen, und für mich weder der Hochschullehrerbund Bayern (Berufsverband der Professor:innen an HAWs) noch ein auf Beamtenrecht spezialisierter Anwalt wirklich hilfreich waren, möchte ich hier gerne zusammenstellen, was meines Erachtens unbedingt wichtig zu wissen ist.

Ich übernehme keine Verantwortung oder Gewährleistung.

Der Antrag auf Entlassung

Um aus einem Beamtenverhältnis entlassen werden zu können, muss ich selbst einen “Antrag auf Entlassung” (formloses Schreiben) an den Dienstvorgesetzen stellen (in meinem Fall den Präsidenten der Hochschule). Grundlage ist Art. 57 BayBG. Nachdem der Antrag beim Dienstvorgesetzen eingegangene ist, kann ich ihn noch zwei Wochen lang wieder zurückziehen (stimmt die Entlassungsbehörde zu auch länger). Prinzipiell sind Beamt:innen zum Wunschdatum zu entlassen, die Entlassung kann aber bis zu drei Monate hinausgeschoben werden (bei Lehrkräften auch bis zum Ende des Schulhalbjahres).

In meinem Fall, habe ich die Entlassung auf Ende des Sommersemesters mit drei-monatiger Vorlaufzeit beantragt. Diese ist dann auch so ausgesprochen worden. Ich habe das Schreiben am 27.06.2023 persönlich überbracht (alternativ geht auch ein Einschreiben), den Präsidenten aber leider nicht angetroffen. Daher habe ich seine Assistentin gebeten es direkt mit einem Eingangsstempel zu versehen und mir auch meine Kopie abstempeln lassen.

Anschließend habe ich dann erst mal sechs Wochen lang nichts Offizielles gehört, bis ich dann Mitte August (Mitten in den Sommerferien) in der Hochschule persönlich erscheinen musste, um mein Entlassungsschreiben in Empfang zu nehmen und zu quittieren. Während ich aus meinen Ferien angereist bin, waren Präsident, alle Vizepräsidenten und die Kanzlerin nicht anwesend. Der Vizekanzler war abgestellt worden, um diesen Verwaltungsakt zu erledigen mit dem Kommentar ich solle mich freuen, “zwei von drei meiner Anträge seinen ja gewährleistet worden”, überreichte er mir das Schreiben. Mein Antrag auf Entlassung zum Wunschdatum war genehmigt worden, ebenfalls die Fortführung der akademischen Würde des Professorinnen-Titels (siehe unten). Nicht jedoch die Auszahlung meines überschüssigen Lehrdeputats von fast einem Jahr (siehe unten).

Pension und Nachversicherung

Mit der Entlassung enden grundsätzlich alle Rechte aus dem Beamtenverhältnis, also neben dem Anspruch auf Besoldung auch Versorgungsansprüche. Ein Beamter, der entlassen wurde, hat also keine Pensionsansprüche mehr. In Bayern bedeutet dies, dass Beamt:innen für die Dauer der Amtszeit in der deutschen Rentenversicherung nachversichert werden (Nachversicherung). Dieser Pflichtanteil ist jedoch erheblich niedriger als die Pension (Verlust von ca. 50% der Pensionsansprüche). Die Nachversicherung muss nicht aktiv beantragt werden. Unmittelbar nachdem mein Dienstverhältnis beendet war (Okt. 23), erhielt ich ein Schreiben vom Landesamt für Finanzen mit dem “Erhebungsbogen zur Nachversicherung in der Rentenversicherung“. Hier ist es möglich, die Nachversicherung aufzuschieben, falls beispielsweise eine zukünftige Wiederverbeamtung wahrscheinlich ist. Ich habe die Nachversicherung beantragt und dann wieder lange nichts gehört. 6 Monate nach Beendigung meines Dienstverhältnisses (März 24) erhielt ich eine schriftliche Aufstellung der nachversicherten Beträge von der deutschen Rentenversicherung. Weitere Informationen zur Nachversicherung in Bayern finden sich HIER.

Altersgeld statt Nachversicherung? Der Bayerische Sonderweg.

Das Altersgeld des Bundes (AltGG) ist eine alternative Alterssicherungsleistung für freiwillig ausscheidende Beamt:innen zur Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieses wird Bundesamt:innen gewährt und ist in 10 Bundesländern auch für die Landesbeamt:innen umgesetzt worden. Der Pensionsanspruch wird entweder vollumfänglich umgewandelt, oder mit einem Abschlag von bis zu 15%.
Das Altersgeld wurde als Konsequenz des EUGH-Urteils vom 13.7.2016 (Az.: C-187/15) eingeführt, in dem entschieden wurde, dass die Freizügigkeitsregelung des Art. 45 AEUV so auszulegen sei, dass die in einem Mitgliedstaat verbeamtete Person, die auf eigenen Wunsch aus dem Beamtenverhältnis ausscheidet, um eine Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat auszuüben, bzgl. ihrer Ansprüche auf Ruhegehalt aus der Beamtenversorgung in einer nachfolgenden Altersrentenversorgung nicht (so viel) schlechter gestellt werden darf.

Bayern hingegen gewährt kein Altersgeld. Bayern geht einen Sonderweg: Wechseln Beamt:innen nahtlos (max. 3 Monate Unterbruch) in ein öffentliches Dienstverhältnis eines EU-Mitgliedstaates, greift §99a BayBeamtVG. Ist die Wartezeit (Art. 11 Abs. 1 Nr. 1 oder 2) erfüllt, erhalten auf Antrag entlassene Beamt:innen AUF ANTRAG zusätzlich zur Nachversicherung eine ERGÄNZENDE VERSORGUNGSABFINDUNG. Diese muss selbst beim Landesamt für Finanzen beantragt werden und kann erst berechnet werden, wenn die Nachversicherung berechnet wurde und enthält einen pauschalen Abschlag von 15%. Ich habe diese mit einem separaten Schreiben zeitgleich mit dem Antrag auf Entlassung beantragt (per Einschreiben, 27.06.2023) und der Betrag wurde Ende Dezember 23 ausgezahlt.

Professor:innen-Titel

Anders als in anderen Bundesländern, muss in Bayern bei Ausscheiden von Professor:innen mit anderen Gründen als Eintritt in den Ruhestand die Hochschulleitung zustimmen, damit die Bezeichnung”Professorin” oder “Professor” weiterhin als akademische Würde geführt werden darf (Art 62 BayHIG). Hierfür ist ein Antrag an die Hochschulleitung zu stellen.
Ich habe diesen Antrag zusammen mit meinem Antrag auf Entlassung direkt eingereicht. Diesem wurde mit dem Entlassungsschreiben (Mitte August 23) stattgegeben.

Überschüssiges Lehrdeputat

Eine Auszahlung von überschüssigem Lehrdeputat ist bei Entlassung nicht vorgesehen. Eine Ausnahme kann die zwingende dienstliche Anordnung von Mehrarbeit darstellen (Art. 87 Bay BG). Diese ist unbedingt schriftlich festzuhalten.

In meinem Fall war fast ein Jahr zusätzliches Lehrdeputat aufgelaufen. Mein Antrag auf Vergütung wurde abgelehnt, mein Widerspruch ebenfalls. Geklagt habe ich nicht mehr, weil ich mich entschieden habe, meine Energie und meinen Fokus auf die Zukunft auszurichten.

Beihilfe und Krankenversicherung

Mit Beendigung des Dienstverhältnisses erlischt unmittelbar die Beihilfeberechtigung. Es sind dann die vollen Versicherungsbeiträge der Krankenversicherung zu zahlen. Ein unmittelbarer Wechsel in eine andere Krankenversicherung (beispielsweise von der PKV in die GKV) ist mit Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis nicht vorgesehen. Hier ist es wichtig sich frühzeitig mit der Krankenversicherung in Verbindung zu setzen, um abzuklären mit welchen monatlichen Beträgen zu rechnen ist und ob ggf. ein Tarif angepasst werden kann.

Qualifiziertes Dienstzeugnis

Selbstverständlich steht Beamt:innen mit Beendigung des Dienstverhältnisses, ein qualifiziertes Dienstzeugnis zu. Dieses muss beantragt werden. Wichtig hierbei ist ausdrücklich ein “qualifiziertes” Dienstzeugnis zu beantragen, das auch die ausgeübten Tätigkeiten enthält sowie über Führung und Leistung Auskunft gibt (Art. 72 BayBG).

Ich habe ein qualifiziertes Dienstzeugnis direkt mit dem Entlassungsschreiben beantragt (Ende Juni 23). Mit meinem Ausscheiden (Ende September) wurde ich dann aufgefordert innerhalb von einer Woche (Frist 3.10.23) eine detaillierte Tätigkeitsbeschreibung sowie soziale Kompetenzen aufzulisten. Ich habe zudem eingefordert, dass ich den Entwurf des Zeugnisses zur Ansicht vorgelegt bekomme, musste aber erst mit Anwalt drohen, bis mir dies zugesichert wurde. Als Ende Januar immer noch nichts passiert ist, habe ich nachgehakt und bekam einen Entwurf mit 4 sehr allgemein gehaltenen Stichpunkten zu meiner 10-jährigen Tätigkeit. Ich habe es mit anwaltlicher Unterstützung überarbeitet (wichtig: nur im Dienstzeugnis aufgeführte Tätigkeiten werden unter Umständen später bei einer Gehaltseingruppierung als Arbeitserfahrung anerkannt). Trotz erneutem Nachhaken (Ende Februar 24), habe ich bis heute (Ende März 24) noch kein Dienstzeugnis erhalten.

Arbeitslosengeld 1/ Gründungszuschuss

Da Beamt:innen in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei sind, besteht nach Entlassung kein Anrecht auf Arbeitslosengeld 1 (ALG1). Geht der/die Beamte/in auf eigenen Antrag, besteht auch kein Anrecht auf ein Übergangsgeld vom Dienstherren (Art 67 BayVV). Damit sind ehemalige Beamtinnen auch nicht Gründungszuschussberechtigt, da für diesen bei Antrag mindestens noch 150 Tage Recht auf ALG1 bestehen muss.

Bei meinem Besuch auf dem Arbeitsamt wurde ich sehr freundlich behandelt und darauf hingewiesen, dass ohne Anspruch auf Gründungszuschuss auch keine Gründerberatung stattfinden kann.

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